Sonntag, 23. Januar 2011

Juli 2010: Rezension von Gottfried Vossen bei Amazon

5.0 von 5 Sternen Fragt man einen Mitmenschen ..., 26. Juli 2010
Von 
Gottfried Vossen (Münster, Germany)



... auf der Straße, was ein Physiker oder ein Biologe in seinem Beruf tut, darf man erwarten, eine einigermaßen zutreffende Antwort zu bekommen. Fragt man dagegen, was eigentlich ein Informatiker macht, herrscht große Unklarheit; man hat die Berufsbezeichnung zwar schon einmal irgendwo gehört, aber was sich dahinter verbirgt, weiß kaum jemand. Ähnlich geht es der Informatik als Wissenschaft. Wie wir spätestens seit dem Jahr der Informatik" (2006) wissen, steckt Informatik und Informationstechnik in fast allen Geräten unseres täglichen Lebens, aber dennoch leidet sie seit jeher unter zahlreichen Vorurteilen. Beiden Aspekten, der Unklarheit und den Vorurteilen, will dieses Buch begegnen und vor allem mit letzteren aufräumen.

Die Autoren, beides gestandene Informatiker, die die Geschichte und Entwicklung der Informatik über viele Jahre hinweg nicht nur miterlebt, sondern auch mitgestaltet haben, versuchen dabei eine ungewöhnliche Herangehensweise: Sie beginnen nicht beim Bit, erklären dies und jenes und das auf einem vermeintlich verständlichen Niveau, sondern sie schildern verschiedene Sichten auf die Informatik: die des Anfängers, der sich laufend mit irgendwelchen Computerproblemen herumärgert; die des erfahrenen Nutzers, der sich professionell mit Software und deren Erstellung befasst; die der Wirtschaft, die ohne Computereinsatz kaum noch funktionieren würde, die dafür aber auch mit zahlreichen Risiken konfrontiert ist; die der Gesellschaftspolitiker, denen es z. B. um Dinge wie Eindringen des Computers in die Privatsphäre der Menschen geht, um Aufdeckung von Kinderpornographie im Internet oder um soziale Vereinsamung speziell von Jugendlichen; die der Wissenschaft und schließlich die auf Informatiker. Dabei werden sämtliche Kapitel und Abschnitte stets nach dem gleichen Muster aufgebaut: erst Eingangsfragen, dann Fakten und Erklärungen, gefolgt von Bewertung und Vorschlägen, schließlich weitere Informationen. Gerade diese Gleichartigkeit der Themenbehandlung macht das Buch ausgesprochen lesenswert, denn die Autoren zwingen sich hierdurch zu einer enormen Disziplin in der Bereitstellung des Stoffes. Wenn man ein solches Schema durchzieht, kann man eben nicht hier mal das, dort mal jenes weglassen, weil einem dazu nichts einfällt, sondern man muss so lange recherchieren, bis die einschlägigen Informationen vorliegen. Genau dies ist den Autoren eindrucksvoll gelungen, und sie behandeln auf diese Weise praktisch alle Themen, die heute mit dem Computer und der Informatik irgendwie in Zusammenhang gebracht werden. Dabei werden sie nie besonders technisch, und es geht ihnen auch nicht darum, den letzten Stand der Informatik-Entwicklung in die Seiten des Buches zu pressen (so fehlen im Index Begriffe wie Cloud Computing" oder Facebook"). Stattdessen bleibt das Buch stets auch für den interessierten Laien lesbar, stellt aber die behandelten Sichten so prägnant vor, dass auch der Fachmann noch etwas lernt. In bester Tradition wissenschaftlicher Arbeiten findet der Leser am Ende zahlreiche Hinweise für eine vertiefende Beschäftigung mit einzelnen Themen (in Form von Literaturhinweisen und Web-Links).

Das Buch geht auf eine Initiative der Gesellschaft für Informatik zurück und wurde nicht zuletzt deshalb von vielen Informatikern beeinflusst. Es hebt sich wohltuend von vielen anderen Informatik-Erklärungsversuchen der letzten Jahre ab und wird hoffentlich dazu beitragen, das Verständnis dieses Faches und seiner Untersuchungsgegenstände und den Blick auf das Fach sowie die darin Tätigen in unserer Bevölkerung endlich auf eine Ebene mit anderen Natur- oder Ingenieurwissenschaften zu bringen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass dieses Buch zum Jahr der Informatik verfügbar gewesen wäre; man hätte es dann flächendeckend verteilen können.

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